Der Abend, an dem Harald Schmidt mich gestalkt hat

Viele Stühle, wenig Harald Schmidt. Warten auf den Einlass.
Viele Stühle, wenig Harald Schmidt. Warten auf den Einlass.
Ich bin ein großer Fan von Harald Schmidt. Leider habe ich die Chance, ihn live im Studio bei seiner Show zu sehen, nie genutzt. Aber gelegentlich zeigt sich der „Rentner und Spaziergänger“ doch noch seinem treuen Publikum.

Und als mir zu Ohren gekommen ist, dass er in der Stadtbibliothek Augsburg auftreten würde, habe ich weder Kosten noch Telephonanrufe gescheut, um an eine Karte zu kommen.

Am vergangenen Freitag war es dann soweit. Anlass der Veranstaltung war übrigens die Vorstellung eines Buches („Sie stellen mir Fragen, die ich mir nie gestellt habe: Männergespräche“) von FAZ-Redakteur Timo Frasch, der gut 20 bedeutende Männer, der bedeutendste unter ihnen der besagte Harald Schmidt, interviewt hatte. Der Abend war dann aber keine Verkaufsveranstaltung für das Buch, sondern ein circa zweistündiges Gespräch zwischen Frasch und Schmidt.

Er.
Er.
Da ich nachweislich ausnahmslos alle auf Youtube veröffentlichten Interviews mit Herrn Schmidt auswendig kenne, darf ich mir ein informiertes Urteil erlauben: Das Gespräch war qualitativ wirklich herausragend.

Herr Frasch weiß, wie man jemanden interviewt, nicht nur für die gedruckte Form, sondern auch live vor Publikum. Er hat sich weder auf die Rolle des Stichwortgebers reduziert noch den vergeblichen Versuch unternommen, lustiger als Herr Schmidt selbst zu sein.

Zwischendrin ließ er durchblicken, dass es wohl eigentlich eine Art Konzept für das Gespräch gegeben hätte. Nötig hatte das aber keiner von beiden und wahrscheinlich hätte das die Atmosphäre auch nur gestört.

Von meinem Sitzplatz aus konnte ich das Spektakel perfekt verfolgen. Zurückhaltend wie ich bin, habe ich mich nur für die zweite Reihe entschieden, allerdings für einen Platz ohne Vordermann. Das erhöhte nicht nur die Beinfreiheit, sondern sorgte auch für einen klaren Blick auf den Hauptdarsteller.

Adäquater Blick zur Bühne.
Adäquater Blick zur Bühne.
Nach den erheiternden zwei Stunden dann konnte man das Buch von Herrn Frasch käuflich erwerben, was ich freilich bereitwillig getan habe, um es anschließend vom Autor selbst sowie von Herrn Schmidt signieren zu lassen. In einer langen Schlange warteten alle Interessenten, darunter natürlich auch ich.

Unglücklicherweise war vor mir ein Paar, das sich zahlreiche Harald-Schmidt-Memorabilia aus ungefähr vier Jahrzehnten TV-Geschichte einschließlich des heute blasphemisch anmutenden „Schmidt und Pocher“ mit einem Autogramm versehen ließ. Herr Schmidt kam dem geduldig nach, merkte dann aber doch an, dass noch viele andere Gäste warteten. In die Situation hinein wurde dann mein Buch durchgereicht, sodass das Zusammentreffen reichlich distanziert und das Bild davon, das der nette Herr hinter mir in der Schlange aufgenommen hatte, nicht allzu beeindruckend (und zudem verwackelt) war.

Ein eher suboptimales Bild.
Ein eher suboptimales Bild.
Als die Stühle zusammengeräumt wurden, was ich als das definitive Ende der Veranstaltung interpretierte, verließ ich die Bibliothek und machte mich auf den Weg Richtung Bahnhof. Ich war anscheinend nicht der einzige, denn ein paar Meter hinter mir hörte ich die Stimme, die ich den ganzen Abend über gehört hatte. Herr Schmidt plauderte angeregt mit seinem Begleiter.

Auf dem Handy suchte ich dann den Weg zum Bahnhof her und ging dorthin, wo das Mobiltelephon es mir scheinbar befahl. Nach einigen Metern war diese Stimme noch immer deutlich zu vernehmen. Nun dämmerte mir aber, dass ich in die falsche Richtung ging.

Was sollte ich nun tun? Abrupt auf der Straße umdrehen und am größten Entertainer der westlichen Welt vorbei zu meinem eigentlichen Ziel laufen? Da ich insgeheim immer noch hoffe, irgendwann bei einer Neuauflage der Show sein Sidekick zu werden (oder er meiner, da bin ich flexibel), wollte ich nun auch nicht allzu wunderlich auf ihn wirken.

Ich entschied mich dafür, in eine Seitenstraße auszuweichen, den Großmeister an mir vorbei gehen zu lassen und dann den umgekehrten Weg einzuschlagen. Aber leider blieb er hinter mir. Nach der ersten, nach der zweiten und nach der dritten Seitenstraße.

Selfie mit Harald Schmidt. Nachts in Augsburg.
Selfie mit Harald Schmidt. Nachts in Augsburg.
Um die Situation einmal zusammenzufassen: Ich lief nachts alleine in der falschen Richtung durch Augsburg, während mich Harald Schmidt verfolgte. Wenn es um Stalking geht, sind Prominente nicht immer nur das Opfer.

Zu meinem Glück trennten sich unsere Wege dann doch noch, denn er blieb an einer roten Ampel stehen. Als ich ihn so im Augenwinkel sah, sah ich auch meine Chance gekommen. Wenn er eh gerade nichts zu tun hatte, konnte ich ihm einerseits meine Ehrerbietung demonstrieren, andererseits aber auch klar machen, dass ich ihm sein Stalking nicht übel nahm.

„Herr Schmidt, dürfte ich kurz ein Photo von uns machen?“ Er bejahte freundlich, ich wechselte mein Handy vom Navigations- in den Photo-Modus und erstellte ein Kunstwerk, das die Zeiten überdauern wird.

Ein gelungener Abend.

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